Donnerstag, 24. November 2022

Einblicke

Gestern und heute treibe ich mich durch die Stadt und mein kleines pueblo, gehe Grundnahrungsmittel einkaufen und sehe mir die unterschiedlichen Viertel an. Kinder kommen aus der Schule, ich freue mich über die vielen Wandgemälde, und nähere mich neugierig der Werkstatt in der die Kulissen für den Dia de los Muertes, Navidad und sonstige Festivitäten entstehen. Und ich darf mich ein bisschen umgucken!








Natürlich muss ich auch den nächstgelegenen Strand besichtigen und das Wasser testen. Die Flora und Fauna ist auch sehr schön. Und mein Fahrrad wohnt sicher bei mir im Zimmer.







Ich werde euch mal einen persönlichen Einblick geben in mein Nomaden-Leben. Hier in Puerto Vallarta habe ich Zeit für Dinge die beim täglichen Radeln nicht möglich sind. Kochen zum Beispiel, mit mehreren Töpfen, im Stehen! Hab ich schon ein bisschen vermisst. Und es bedeutet einiges, eine Bleibe zu haben in die ich mich einfach zurückziehen kann. Jeden Tag draussen sein auf dem Rad ist mein Traum und ich lebe ihn. Aber mental kann dieses Leben auch manchmal ganz schön anstrengend sein. Die Autofahrer die oft respektlos sind, auf viel befahrenen Strassen jedesmal in Habacht zu sein wenn sich ein Auto von hinten nähert und gleichzeitig Gegenverkehr ist weil ich damit rechnen muss das sie viel zu dicht an mir vorbeifahren, oder mir ein überholendes Auto entgegenkommt auf der Spur auf der ich mich gerade befinde. Es kann anstregend sein, nicht zu wissen wo ich die nächste Nacht verbringe weil der Ort den ich mir vorgestellt habe nicht sicher ist oder sich einfach nicht richtig anfühlt, oder es ist schwierig überhaupt einen Platz zu finden. Auf dem Rad bin ich Blicken ausgesetzt, kann mich nicht zurückziehen wenn mir danach ist. Oder wildfremde Männer die mir ihren ach so wichtigen Schwanz zeigen. ¡Déjame en paz! ist ein Satz den ich ganz schnell gelernt habe. Die Unsicherheit ob ich genug Wasser für die nächste Etappe dabei habe. Oder den ganzen Tag von fiesen kleinen Mücken zerstochen zu werden und ich muss meine ganze Willenskraft aufbieten mich nicht wund zu kratzen. Und dann die Nächte im Zelt, wenn ich morgens die vielen Tierspuren sehe und mich frage wer da wohl alles zu Besuch gekommen ist, und Tiere sind da eigentlich meine kleinere Sorge, wenn bellende Hunde oder Party und laute Musik mich vom dringend benötigten Schlaf abhalten. Jeden Tag auf dem Rad heisst auch dass mir manchmal der Hintern weh tut, der Rücken und die Schultern können schmerzen von der einseitigen Haltung, und ich muss mit Dehnen und Gymnastik diszipliniert etwas tun damit das nicht Schäden hinterlässt. Die Defekte am Rad sind auch Dinge die Sorgen machen können, wird mein Lastesel die ganze Strecke meistern, kann ich wirklich alles reparieren wenn ich eine Panne habe? Trotzdem geniesse ich meistens was ich tue, die meisten Menschen begegnen mir freundlich, und von den anderen versuche ich mich fern zu halten. Die Auszeit in Puerto Vallarta ist meine Ausruhzeit und gibt mir die Gelegenheit mein Fahrrad in Ruhe zu warten und zu pflegen, mein Spanisch zu verbessern und einfach mal eine Tür hinter mir zu zu machen wenn mir danach ist. 

Dienstag, 22. November 2022

nach Puerto Vallarta

Ich radle weiter an der Küste entlang, und hinter San Blas wird das flache Land bergig und saftig grün. Überall Palmen, Dschungel, Vogelgesang und Obstplantagen, die Flüsse haben Wasser und die Erde in den gepflügten Feldern riecht wieder erdig. 





In einem kleinen Fischerort zelte ich neben einem Restaurant am Strand und mache zum ersten Mal einen kompletten Strandtag. Nur faulenzen, lesen, schwimmen, essen, und der Brandung lauschen. Allerdings muss ich abends dann doch nochmal Fahrrad flicken...



Am Tag darauf lande ich in Lo de Marcos. Hier ist große Fiesta, Königinnen und Prinzessinnen werden gekrönt. Am nächsten Tag gibt es einen großen Umzug.








Auf dem dicht befahrenen Mex 200 geht es weiter. Es ist nervenaufreibend, der Verkehr ist erbarmungslos und einige Autofahrer überholen dicht und hupen oder schneiden mich. An den Steigungen ist es besonders anstrengend weil ich mich durch das Langsamfahren noch mehr ausgesetzt fühle. Wie gut dass die Carretera dann endlich wieder einen Seitenstreifen hat. 

Als nächstes komme ich nach Bucerias, auch hier ist Fiesta! Reiter führen die Künste ihrer tanzenden Pferde vor (Bier in der einen Hand, Zügel in der anderen).


Bei der Weiterfahrt sehe ich diese Gesellen am Strassenrand direkt neben einer Bushaltestelle. 


Und jetzt bin ich in Puerta Vallarta, eine Küstenstadt mit bergigem Hinterland und steilen Strassen. Seit langer Zeit ist der Himmel mal wieder bedeckt und es gibt sogar ein paar Regentropfen. Die Stadt ist total voll von Touristen, ein Restaurant neben dem anderen, Shops und Nightlife.







Ein Stück südlich von Puerta Vallarta liegt der kleine Ort Nogalito, in Laufweite zum Strand und in Radelweite zur Stadt. Hier habe ich ein kleines Appartment gemietet und werde bis Anfang nächstes Jahr bleiben, einen Sprachkurs machen, und mein schönstes Geburtstagsgeschenk bekommen: Hannes kommt mich besuchen und wir haben ein paar Wochen zusammen! Boah, bin ich aufgeregt...

Donnerstag, 17. November 2022

Inselhopping durch Sinaloa und Nayarit

Die nächsten Tage folge ich dem Wasser. Die Küste ist durchzogen von Kanälen, Flüssen und Lagunen die teils Inseln bilden. Um weiter zu kommen muss ich mir die Überfahrten mit  Fischerbooten organisieren. Meine Wartezeit auf's Boot versüsse ich mir mit einem leckeren Garnelen-Ceviche, das direkt in der Chipstüte serviert wird (Tacolocos), und dann wird mein Rad in's Boot gehievt, und ab geht's über den Fluss zum nächsten Strand. Nur widerwillig nehmen die Fischer das Geld an das ich ihnen für die Überfahrt gebe. Der Sand ist fest, der Strand breit, da radelt es sich super. Kühe sind zum Abkühlen an's Wasser gekommen. Ich schlafe am Strand, und alles könnte paradiesisch sein wenn nicht die Myriaden an Mücken wären, die mich auffressen wollen. Der Strand ist menschenleer, der nächste Ort kilometerweit entfernt, da kann ich endlich mal ohne Badeanzug in's Wasser. 


















Am nächsten Morgen ist Flut, da ist das Radeln am Strand ein bisschen anstrengender. Dafür gehe ich direkt nach dem Frühstück nochmal in's Wasser. Ein schönes Powersandwich was ich auch bei anderen Radreisenden schon gesehen habe ist übrigens das mit Erdnussbutter und Bananen gefüllte Vollkornbrötchen (ja, mehr Vollkorn gibt's hier nicht) oder gerne auch Taco. Und weil ich keine Zeltheringe für Sand habe muss Treibholz den Job machen. Mein weiterer Weg führt mich auf wenig befahrenen Wegen und Strassen durch kleine Orte mit neugierigen Menschen, verfallenen Häusern und einfachem Leben.










Als ich im Ort vor der nächsten Bootsüberfahrt ankomme ist es schon spät, das nächste verfügbare Fischerboot legt kurz vor dem Dunkelwerden ab, das ist mir zu spät, und der Wirt in der Kneipe bietet mir an in seinem Schuppen zu übernachten. Ich bekomme einen Schlüssel für den Lagerraum und lasse mich dankbar darauf ein. Zum Abendessen gibt es Ceviche, Fisch und Garnelen, alles frisch und so lecker. 





So sieht das Dach aus Palmblättern von innen aus:


Am nächsten Morgen ist die Überfahrt bald organisiert, und weiter geht's zum nächsten Strand. 





Vom Strand auf die Strasse, weiter durch kleine Orte, die Kinder kommen gerade von der Schule, Siesta-Zeit.





Und dann komme ich nach einer kurzen Überfahrt in das erstaunliche Städtchen Mexcalitan de Uribe. Der historische Ort ist auf einer kleinen Insel, keine Autos, und alles wird gerade renoviert. Im Oktober hat Hurrikan Roslyn den ganzen Ort zerstört, Dächer abgedeckt, die Insel überschwemmt und die Menschen von der Aussenwelt abgeschnitten. Jedes Haus ist eine Baustelle, alles muss erneuert werden, Fassaden werden bunt bemalt, Dächer neu gedeckt, überall Geschäftigkeit, Kinder machen auf der Strasse Hausaufgaben oder klettern auf die Gerüste, alle begrüßen mich freundlich. Der Ort gefällt mir so gut dass ich beschliesse im Hotel eine Nacht zu bleiben, ich kann eine Dusche sowieso gut gebrauchen. Und als ich abends durch den Ort flaniere und in einem Strassenlokal Quesadillos esse gesellen sich in wechselnder Besetzung immer wieder Familien zu mir. 800 Einwohner zählt der Ort, alle kennen sich untereinander, Kinder können frei durch die Strassen laufen. Als ich mich später vor dem Hotel auf eine Bank setze bin ich sofort von fragenden Kindern umringt. 









Auch am nächsten Morgen zum Frühstück sind die Menschen im Freien. Ein weiteres Boot bringt mich durch die Kanäle zur Strasse. Mein heutiges Ziel ist San Blas.