Samstag, 25. November 2023

weiter nach Chile

Der Wind bläst unaufhörlich, teils mit Geschwindigkeiten von 80km/h, in den Bergen auf meinem Weg nach Chile schneit es. Ich sitze fest. Natürlich könnte ich mich da durchkämpfen. Aber deswegen bin ich nicht da. Ich ziehe zurück in's Hostel weil Aimé in ihrer kleinen Einzimmer-Wohnung arbeitet und ich sie nicht stören will. Von Esquel aus mache ich Ausflüge zu Fuss zu einer kleinen Lagune und auf die umliegenden Anhöhen, treibe mich durch den Ort, lasse mir die Haare schneiden, den Kopf durchpusten, und lese. Ausserdem nähe ich mir Gamaschen damit ich mit trockenen Füssen durch den Schnee stapfen kann. Mit Aimé treffe ich mich zum Essen und wir besuchen Freunde von ihr die ein Restaurant haben. Sam ist DJ und legt Musik auf die mir in die Beine fährt.










Am Sonntag ist Stichwahl zwischen den beiden Präsidentschaftskandidaten. Die Geschäfte und Bars dürfen von Samstag Abend 20 Uhr bis Sonntag Abend 21 Uhr keinen Alkohol verkaufen. Und als die Wahlergebnisse bekannt werden fahren die Menschen hupend durch die Strassen, der Anarcho-Kapitalist Milei ist also neuer Präsident von Argentinien.

Am Montag treffe ich mich nochmal mit Aimé und wir gehen zusammen spazieren. Der Wind bläst heftig auf der Höhe. Zum ersten Mal sehe ich einen Mandelbaum. Die Mandeln sind extrem schwer zu knacken. Der Abschied von Aimé ist herzlich. Bestimmt kommt sie mich mal in Hamburg besuchen.





Am Dienstag fahre ich endlich weiter. Der Wind bläst noch immer aber das Wetter bringt langsam Besserung. Mein heutiges Etappenziel ist Futaleufu in Chile. Langsam bewege ich mich in Richtung Berge, der Wind kommt mir entgegen. 




An der Grenze nach Chile muss ich ein Zoll-Formular für mein Fahrrad ausfüllen. Ausserdem durchsucht eine Zollbeamtin meine Taschen nach Obst oder Gemüse was man nicht nach Chile einführen darf. Sehr ambitioniert ist sie bei der Suche allerdings nicht, nach dem Öffnen der zweiten Tasche winkt sie mich durch, bienvenidos a Chile! 

Und dann bin ich in meinem letzten Land was ich auf diesem Kontinent bereisen werde. Sofort fällt auf das nicht mehr so viel Müll rumliegt und die Autofahrer mit Abstand überholen, die meisten jedenfalls. 


Die Landschaft ist saftig grün, ich fahre jetzt nicht mehr an den Bergen entlang sondern durch die Berge. Das ist auch deutlich spürbar, die Luft ist feucht, Wasser kommt von allen Seiten, ab jetzt brauche ich mir über meine Wasservorräte keine Gedanken mehr machen. Und was mich immer wieder erstaunt ist das ich mich mehr oder weniger auf Meereshöhe bewege und die Landschaft so hochalpin erscheint.






Und dann komme ich auf die berühmte Carretera Austral. Ca. 900km werde ich ihr folgen bis Villa O'Higgins, um dann wieder nach Argentinien zu wechseln. Zum Glück ist die Strasse total wenig befahren, es ist eine wahre Freude hier zu radeln. Sofort treffe ich auf eine große Anzahl von anderen Radreisenden, diese Strecke ist ein beliebtes Reiseziel auch für Kurzzeit-Radler. 





Und da ist er der Pazifik! Viele Meeresarme reichen wie Fjorde weit in's Landesinnere herein.


Chile ist im Vergleich zu all den anderen Ländern Lateinamerikas teuer, fast schon preisgleich wie Europa. Und leider macht mein Hinterrad Stress. Schon länger knarzt es und immer wieder trete ich in's Leere, aber jetzt sind Steigungen kaum mehr zu bewältigen weil ich unter Last bei jedem zweiten bis fünften Tritt krachend mit den Pedalen durchrutsche. Ich muss steile Passagen komplett schieben und bin total unentspannt. Heute ist ein warmer sonniger Tag und ich hatte gehofft in den nächsten zwei Tagen bis Coyhaique radeln zu können aber das wird leider nichts. Bis zum Rio Cisnes fahre ich noch und schlafe direkt am Fluss an einem kleinen Campingplatz. Wie so oft finde ich eine kuschelige Katze die nicht mehr von meinem Schoss runter will.











Am nächsten Tag stelle ich mich an die Strasse. Es ist kaum was los, nur wenige Autos fahren vorbei. Ich stehe ewig und überlege schon zu radeln. Aber das zweite Auto hält tatsächlich an! Ein Paar aus Kolumbien auf der Reise durch ihren Kontinent. Diana und ich hieven mein Rad zu ihren Rädern auf's Dach und Freddy zurrt es fest. Und dann darf ich mich von diesem liebenswerten Paar bis Coyhaique fahren lassen, werde dazwischen königlich mit einem zweiten Frühstück bewirtet und schaffe es tatsächlich noch bis kurz vor Ladenschluss in den Fahrradladen. Bis Montag will mir Miguel mitteilen was das Problem mit dem Hinterrad ist. Tatsächlich hat das Radlager extrem viel Spiel und das kann 'ne Menge bedeuten. Zwangspause für mich mal wieder. 




 

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