Montag, 4. Dezember 2023

auf der Carretera Austral

Miguel im Fahrradladen zerlegt meine Hinterradnabe und es stellt sich raus alles ist total aufgerieben. Eine neue Nabe muss her, garnicht so einfach zu bekommen weil 10 Gänge inzwischen schon antiquiert sind und dann auch noch in Kombination mit Scheibenbremse. Aber ich finde eine! Das Hinterrad muss natürlich komplett neu eingespeicht werden. 

Der Montag ist der letzte schöne Tag vor einer instabileren Wetterperiode und ich sitze auf heissen Kohlen. Nutzt nix, ich muss noch eine Nacht länger in Coyhaique bleiben. Aber wenn du hier in einen Fahrradladen gehst sind die Verkäufer und Schrauber absolut hilfsbereit und suchen und basteln bis alles passt. Dank Miguel, meinem chilenischem Held, ist mein Rad dann am Abend wieder startklar.

Am Dienstag kann ich endlich weiter. Ein bewölkter Tag mit Regenprognose, das gibt die schönsten Ausblicke wenn gleichzeitig die  Sonne scheint.



Und dann treffe ich Francesco und Chrissi, die beiden sind in Ushuaia gestartet und fahren nach Alaska. Auf Instagram folgen wir uns. Eigentlich wollte ich am gestrigen Abend auf dem gleichen Campingplatz sein wie sie, jetzt haben wir leider nur ganz kurz Zeit uns auszutauschen, die beiden wollen mit heftigem Gegenwind noch nach Coyhaique. Schade das sie in die andere Richtung fahren! Ich fahre zum Campingplatz. Es ist zwar noch früh am Tag, aber der Wind bläst mir zu stark und der Campingplatz ist einer der schöneren, die Besitzerin total nett. Ich bin ganz allein auf dem Campingplatz. Im dazugehörigen Hostel findet sich gegen Abend dann noch Chris ein, ein junger Weltenbummler aus Schottland der vorhat mit einem Freund auf den Aconcagua zu steigen. Wir essen zusammen und erzählen uns von unseren Reisen.


Am nächsten Tag weht der Wind wieder mit 80km/h und ich entschliesse mich noch einen Tag länger zu bleiben. Ich mache einen ausgedehnten Spaziergang auf eine kleine Anhöhe und laufe wie eine Betrunkene weil mich der Wind fast umbläst. Der Weg liegt an einem Gebiet wo Vögel brüten und ich werde von ihnen mit Drohgeräuschen verscheucht und fast angegriffen. 




Ausserdem nutze ich die Zeit meine Schuhe zu putzen, meine Schaltröllchen zu erneuern und meinen Kocher zu reinigen der endlich von Autobenzin auf Reinbenzin umgestellt werden kann. In Argentinien war kein Reinbenzin erhältlich und in Chile gibt es das endlich wieder zu kaufen. Am Abend kommt noch eine Familie aus Holland auf den Platz, jetzt sind wir mit 3 Zelten vertreten. 

Am nächsten Tag weht der Wind etwas schwächer, aber in Patagonien muss ich mich an Wind gewöhnen sonst komme ich garnicht von der Stelle. Gut 60km und einen längeren Anstieg weiter liegt Villa Cerro Castillo, mein Ziel für heute. Es nieselt immer mal wieder, der Himmel ist grau und natürlich ist es windig. Auf dem letzten Stück des Anstiegs treffe ich Miguel, Chilene, und wir fahren gemeinsam weiter. Die 15km bergab sind eisekalt und nass. In Villa Cerro Castillo gehen wir zusammen auf den Campingplatz. Als es aufklart spaziere ich ein Stück in den Nationalpark.








Miguel arbeitet am PC und bleibt einen weiteren Tag in Villa Cerro Castillo, ich mache mich allein auf den Weg. 

Die Ausblicke sind gigantisch schön, und ich geniesse die Landschaft. 






14km weiter beginnt die Schotterpiste, ab jetzt werde ich 500km ohne Asphalt weiterfahren. Als es anfängt zu regnen ziehe ich mir meine Regenkleidung an und kämpfe mich gegen den Wind weiter.
Langsam geht der Regen in Schnee über, und beim nächsten Anstieg fallen dicke Flocken. Bald bin ich klatschnass, mir ist kalt, an Zelten mag ich garnicht denken, und am Wegesrand an einem Bauernhof steht ein Schild mit "Camping". Ich frage den Besitzer Freddy ob er auch eine Hütte zum Übernachten hat, und er sagt er hat ein ganzes Haus was er vermietet. Als ich nach dem Preis frage sagt er 10.000.- Pesos, was ungefähr €10.- sind. Ich schiebe mein klatschnasses dreckiges Fahrrad in 's Haus nachdem mir Freddy mehrmals sagt das ich das wirklich machen soll, breite mein nasses Zeug aus während Freddy die Küchenhexe einheizt und nehme eine warme Dusche. Was für ein Luxus, mitten im Nirgendwo ein Platz zum Aufwärmen und Übernachten! Es gibt Matratzen, und das Haus hat Platz genug für viele weitere Radler. Diese lassen auch nicht lange auf sich warten, wenig später rollen Katie und Richard aus Cornwall auf den Hof und ich hole sie zu mir in's Haus. Wir achten darauf dass das Feuer den ganzen Abend nicht ausgeht, kochen auf dem Feuer und erfreuen uns an unserer Gesellschaft. Die beiden sind Mitte 60 und haben ein paar Wochen Zeit auf der Carretera Austral zu reisen. Wir verstehen uns prächtig. Freddy kommt zu uns in's Haus und erzählt von dem Puma der 3 seiner Lämmer gefressen hat und den er nicht jagen darf weil er unter Schutz steht. Wir kriegen jeder 2 frische Eier für's Frühstück und gehen früh schlafen. Zu dritt schlafen wir in dem grossen Raum ausserhalb der Küche. 



Früh am Morgen stehe ich als erste auf und mache Feuer in der Küche. Alle Kleider und Schuhe sind wieder trocken, wir frühstücken und packen unsere Sachen. 


Es ist klar das wir durch Regenphasen weiter müssen und es ist schwer das warme Haus zu verlassen. Ich eise mich als erste los weil ich weiter als Katie und Richard will und wir verabschieden uns. Ziemlich schnell muss ich meine Regensachen anziehen und bei der Kälte bergab ziehe ich sie auch so schnell nicht mehr aus. Ich radle bis Puerto Rio Tranquillo und gehe auf einen Campingplatz mit Waschmaschine. Ausser mir sind dort noch 4 weitere Radler und später am Abend kommt Miguel dazu der den ganzen Weg von Villa Cerro Castillo gefahren ist. Auch die holländische Familie ist hier. Es ist eine bunte Gesellschaft aus Radlern, Rucksacktouristen und Campern und wir reden in allen möglichen Sprachen.











Am nächsten Tag will ich mit Miguel einen Ausflug zum grossen nördlichen Eisfeld machen und wir haben das Glück mit 2 Holländerinnen im Auto mitfahren zu können. Eine gute Stunde fahren wir in's Tal hinter und laufen dann 2 Stunden zum grossen Gletscher. Der Weg führt durch einen dichten grünen Wald, feucht und wild wie ein Dschungel. Ich pflücke ein paar Beeren um den Parkwächter später zu fragen ob die essbar sind (sie sind, schmecken erstaunlich süss). Und dann wird der Blick frei auf das Eis und die Berge dahinter. Erstaunlich schön, und wir sind hier gerade mal auf 600m Höhe.







Am Abend sind ein paar Radfahrer abgereist, dafür trudeln neue ein. Auch Katie und Richard kommen an und ich freue mich. Von der langen Wanderung müde gehe ich früh in's Bett, ich will morgen die Capillas de Marmol besichtigen, Höhlen und Gesteinsformationen am See die sich mit der Zeit gebildet haben. Man kann die Tour mit dem Kajak machen. Das Wetter ist schön, es weht kaum Wind, und die 3 Stunden auf dem Wasser sind beeindruckend.







Eine dritte Nacht bleibe ich in Puerto Rio Tranquillo, weitere Radfahrer kommen an, und wir haben uns natürlich viel zu  erzählen. Morgen fahre ich weiter Richtung Cochrane und Villa O'Higgins. Das Wetter verspricht gut zu werden für die nächsten 4 Tage.

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