Weiter Richtung Süden. Die Ruta 40 ist ziemlich langweilig, immer geradeaus, immer gleiche Wüste mit Gestrüpp und natürlich Gegenwind... Bevor ich auf eine kleinere Strasse durch die Berge abbiege zelte ich nochmal an einem unspektakulären Platz aber mit einem Sonnenuntergangs-Szenario das mich eine Ewigkeit in Bann zieht, großes Kino!
Der Platz ist relativ nahe an der Strasse, es ist ziemlich laut. Wenn ich wild zelte schlafe ich ungern mit Ohropax, also wird das eine etwas unruhige Nacht. Dafür lädt der Himmel am nächsten Morgen wieder seine volle Farbpalette und das Frühstück ist keinesfalls langweilig.
Weiter geht's nach Barreal, all diese Orte haben mal am Wasser gelegen, der See ist ausgetrocknet. In Sorocayense rufen mir 2 Jungs etwas hinterher, wollen wissen wo ich herkomme und die üblichen Fragen. Ich frage sie was sie mit ihrer Zwille jagen? Truthahn! kriege ich zur Antwort.
In Barreal gehe ich auf den Zeltplatz. Dort ist Héctor seit 4 Tagen, hat sich hier vor dem Wind gerettet. Héctor ist frisch pensionierter Architekt aus Chile und erkundet jetzt mit 67 Südamerika auf dem Rad. Beim Zelt aufbauen spricht mich noch Alfonso an, ein junger argentinischer Anwalt der mit dem Motorrad durch sein Land reist um sich einen schönen Platz zum Niederlassen zu suchen. Ich nutze die Gelegenheit einer ziemlich nötigen Dusche. Zu dritt gehen wir am Abend in den Ort in ein Weinlokal.
Nach einer erholsamen Nacht machen Héctor und ich uns in unterschiedliche Richtungen auf, er fährt nach Norden wo ich hergekommen bin und ich Richtung Süden. Eine ruhige Strasse mit einem Abschnitt "ripio", das heisst Waschbrettbelag, bergauf entlang der Cordillera del Tigre erwartet mich, wieder 115km ohne Wasser. Auf dem ersten Foto ist in der Ferne die Cordillera Principal zu sehen, mit dem zweithöchsten Berg Amerikas, der Cerro Mercedario mit einer Höhe von 6770m.
Beim Frühstück mit Café wärmt langsam die Sonne. Danach rolle ich bergab nach Uspallata, ein Wintersport-Ort westlich von Mendoza, und leiste mir ein Zimmer in einer Hospedaje.
Ich kaufe mir ein Busticket bis Puente del Inca und fahre am nächsten Tag auf einer vielbefahrenen Strasse durch Skigebiete in Richtung chilenische Grenze in den Parque Provincial Aconcagua. Um 9:30 Uhr bin ich am Parkeingang und laufe los. Nach 100Hm etwa kommt mir ein Parkwächter entgegen und sagt mir ich muss ein Eintrittsticket kaufen. Also wieder runter, das Besucherzentrum hat erst ab 10 Uhr geöffnet. Und dann laufe ich in's Tal, dem Aconcagua entgegen, mit 6961m der höchste Berg Amerikas und einer der 7 Summits. Die Wolken machen auf, der Blick ist frei auf diesen schönen Giganten den man ab Dezember besteigen kann. Ich komme ihm auf etwa 20km nahe und bis auf 3040m Höhe, weiter darf man nicht. Dort setze ich mich an den Bach und mache Mittagsrast, sitze lange da und lausche dem Rauschen des Wassers. Vögel deren Namen ich nicht kenne kommen ganz nahe, die Sonne wärmt und ich geniesse Aussicht.
Und dann laufe ich wieder runter. Mir kommen Scharen von Brasilianern und Argentiniern entgegen, der Schnee ist inzwischen sulzig und meine Füsse werden nass. Am Besucherzentrum unterhalte ich mich mit Joaquin der mir erzählt was hier im Sommer abgeht. Unzählige Gruppen wollen auf den Berg, ständig landet der Hubschrauber. Joaquin und die anderen Parkwächter kümmern sich mit um die Mulis, richten die Zeltlager ein, koordinieren Rettungen. Er zeigt mir auf dem Zustiegsplan die verschiedenen Routen und Lager zum Akklimatisieren, erzählt mir welche Berge in Argentinien noch interessant sind zum Begehen, und von der Mumie des Inka-Kindes das auf ca. 5400m Höhe gefunden wurde. Zum Abschied umarmen wir uns fest, das war eine schöne Begegnung. Ich laufe auf den verfallenen Eisenbahnschienen zurück nach Puente del Inca, einer natürlich geformten Brücke über den Rio Mendoza.
Am nächsten Morgen muss ich leider 50km auf der stark befahrenen Ruta 7 weiter. Unzählige LKW's aus Chile kommend wollen an mir vorbei, teils in riskanten Überholmanövern. Ich bin froh das ich ab Potrerillos auf eine kleinere Strasse ausweichen kann. Viele Freizeit-Radler sind heute unterwegs. In einem Vorort von Mendoza darf ich bei Janine und Gabriela übernachten, ich werde mit offenen Armen empfangen und bin glücklich das ich so herzlich aufgenommen werde. Und Janine bäckt ein Sauerteig-Vollkornbrot!
Argentinien ist toll. In keinem Land bisher war es so einfach wild zu zelten. Die Menschen sind offen und neugierig, total hilfsbereit und beschenken mich immer wieder mit Essen, fragen auf offener Strecke ob ich etwas benötige. Die Autofahrer können anstrengend sein, hier ist es wie in ganz Amerika: du bist ein Hindernis und kein Verkehrsteilnehmer. Aber viele halten auch den Daumen hoch aus ihrem offenen Fenster oder hupen motivierend. Der europäische Einfluss ist deutlich spürbar im Land, es gibt schicke Villen und die elektrischen Leitungen sind vielerorts wieder unter Putz verlegt. Die Sprache zu verstehen ist für mich teils schwierig, Argentinier reden gerne schnell und haben eine besondere Art der Aussprache. Aber auch daran werde ich mich gewöhnen. Der Wind ist um diese Jahreszeit gerne heftig, es ist ein thermischer Wind ähnlich wie bei uns der Föhn, nennt sich Zonda, kommt vom Pazifik über die Anden und heizt sich beim Abfallen auf und nimmt Fahrt und gerne auch Staub auf. Ich werde mir wohl eine Windfinder-App laden und heftige Tage zum Radeln meiden.
Mein Kugellager bekommt eine Säuberung und Fett nach der Salzwüste und dem ganzen Staub. In Mendoza treffe ich mich mit Darius, ein Radreisender aus Deutschland der mir meine in Salta vergessene Sonnenbrille mitbringt. Alfonso, den ich auf dem Campingplatz in Barreal kennengelernt habe, hilft mir ein Formular für den Zoll auszufüllen und wir gehen zusammen durch die Stadt und in 2 Museen. Jetzt muss ich hier auf ein Päckchen warten was Hannes mir geschickt hat, und hoffe das das keine zwei Wochen dauert. Ich darf so lange bei Janine und Gabi bleiben.
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