Freitag, 15. Dezember 2023

Boot fahren, Fahrrad schieben, Fitz Roy bewundern

Der 11. Dezember bringt ein Zeitfenster mit schönem Wetter und um 7 Uhr morgens verabschiede ich mich von Martina und David. Um 8 Uhr geht ein Boot über den Lago O'Higgins und hier ist die Carretera Austral eigentlich zu Ende. 




Wir sind 8 Fahrradfahrer und 2 Fussgänger, grössere Fahrzeuge werden von der Fähre nicht mitgenommen. Die Räder werden auf das kleine Boot geladen und in ca. 2 Stunden schippern wir über den See zur chilenischen Grenzstation wo wir bürokratisch aus Chile ausreisen.






 Dann beginnt die Auffahrt zum ersten Blick auf den Fitz Roy. 







Am Grenzübergang nach Argentinien machen wir Mittagspause: Cyril und das Geschwisterpaar Amandine und Thibault aus Frankreich, Aiofe und Georgie und ich. Bevor es weitergeht kommt noch Juan aus Brasilien dazu. Matt ist leider von der chilenischen Bürokratie aufgehalten worden.


Und dann starten wir in ein Abenteuer im Abenteuer: wir müssen unsere Räder einen feucht-glitschigen Wanderweg rauf und runter schieben, teils fahrbar aber mit den schweren Rädern eher wenig, über umgefallene Bäume heben und durch einige Bäche queren die nach dem vorangegangenen extremen Regentag viel Wasser führen. Wir sind ein super Team und bleiben die ganze Zeit zusammen und helfen uns gegenseitig. Für die 6km Weg brauchen wir 4 Stunden und ich sammle mir einige blaue Flecken ein. Am Ende sind wir froh und erleichtert als wir am Lago del Desierto an der argentinischen Grenzstation ankommen. Es ist nach 5 Uhr und das Boot über den Lago hat glücklicherweise auf uns gewartet. Die argentinischen Grenzbeamten geben uns ein freundlich-erleichtertes Willkommen und einen Stempel in die Pässe. Ein paar von der Gruppe bleiben hier am Nordende des Sees über Nacht, ich will zum Campingplatz auf der Südseite, meine Füsse sind nass und ich freue mich auf eine heisse Dusche.








Nach einer trockenen Nacht nutze ich die Gelegenheit um zum Glaciar Huemul zu laufen. Der Wald ist wie ein Zauberwald aus dem jeden Moment Elfen zu schweben scheinen...








40km sind es noch bis El Chalten, ich treffe auf Aoife, Georgie, Matt und Juan und wir fahren gemeinsam. Der Himmel macht auf und der Blick auf den nahen Fitz Roy ist frei. Der heftige Wind schiebt uns teils ohne zu pedalieren nach El Chalten. Mit der Voraussicht auf weitere heftige Wind-Tage miete ich mich in einem Hostel ein.






Der Ort ist voll von Kletterern die mit Crashpads oder Pickel und Klettergurt durch die Gegend laufen, es gibt einen Klettersteig, Rafting, Kayaking, du kannst Angeltouren buchen, Ausrüstung ausleihen oder einfach nur in einer der vielen Bars und Restaurants rumhängen. Es ist total touristisch. 
Ich nutze das schöne Wetter und gehe auf eine entspannte Wanderung um den majestätischen Fitz Roy von näher zu sehen. Anfangs noch in Wolken und dann zeigt er sich in seiner ganzen Pracht.









Ich sitze lange und geniesse den Ausblick. Der Wind bläst mit patagonischer Beständigkeit. 
Wieder im Ort treffe ich mich mit Aoife, Georgie und Matt zum Pizza essen und Malbec trinken. Ein illustrer interessanter Abend.


Am Donnerstag hänge ich einfach nur ab, draussen bläst der Wind, es regnet immer wieder und der Himmel ist grau. Am Nachmittag kommt Aoife vorbei und wir reparieren ihr Zelt. Am Abend gehe ich in eine der vielen Bierkneipen im Ort und treffe mich mit Amandine, Thibault und Guillemette. Insgesamt 9 Franzosen und ich, Gelegenheit mein Französisch ein bisschen zu entrosten...


Am Freitag schlafe ich vieeel zu lange um weiterfahren zu könne, ohnehin bläst der Wind wieder extrem scharf, und mein Hals kratzt sodass ich noch einen Faulenzertag einlege.
Und am Samstag mache ich mich dann auf um nach El Calafate zu fahren. Die letzten 1000km meiner Reise in Südamerika liegen vor mir. Seit ich zu hause losgefahren bin habe ich jetzt über 25.000km getreten.

Donnerstag, 14. Dezember 2023

Fin de la Carretera Austral

Ich verabschiede mich von Miguel, Katie und Richard und mache mich auf den Weg. Das Wetter ist strahlend schön und die Temperaturen für Patagonien richtig heiss. Nach ein paar Kilometern treffe ich Georgie und Aoife wieder. Wir kennen uns vom Campingplatz in Puerto Rio Tranquillo. Die beiden Australierinnen sind Mitte 20, haben gerade ihr Studium abgeschlossen und sind in Kolumbien losgefahren. Wir radeln zusammen weiter. 







In Puerto Bertrand halten wir für ein Eis und kaufen ein bisschen ein um direkt am Rio Baker zu zelten. Matt aus den USA gesellt sich zu uns. Der Zeltplatz ist schon von 2 Holländerinnen bewohnt und später kommen noch Cattalina und José aus Kolumbien dazu. Wir waschen uns im kalten Fluss und sitzen zusammen am Lagerfeuer.


Am nächsten Tag fahre ich wieder alleine. Ich komme an der Confluenza vorbei, 2 Flüsse vereinen sich zu einem, der eine knall-türkis, der andere grau-braun vom Schlamm und Gestein. In Cochrane fülle ich meine Tasche nochmal mit Lebensmitteln für die nächste Etappe bis Villa O'Higgins, ca. 230km ohne Einkaufsmöglichkeit. Wie gut das Wasser hier überall aus dem Berg kommt sodas ich es teils nichtmal filtern muss. Nach einem anstrengenden Anstieg gegen den Wind mit viel Staub von überholenden und entgegenkommenden Autos übernachte ich auf einem familiengeführten Campingplatz. 



Am nächsten Tag treffe ich auf Martina und David aus dem Engadin. Mit unterschiedlichem Tempo treffen wir uns auf der Strecke immer mal wieder. Bremsen (Pferdefliegen) die sich über mein Gesicht hermachen machen mir das Radeln schwer, ich setze zum ersten Mal mein Moskitonetz ein. Mein Schlafplatz ist nach einem knackigen Anstieg direkt an einem rauschenden Fluss. Wie gut das ich mir den Staub dort abwaschen kann.







Am nächsten Morgen rausche ich bergab zur Fähre in Puerto Yungay. Auch Martina und David kommen dort an. Nach einer einstündigen Überfahrt geht es weiter erstmal am Fluss entlang und dann wieder knackig bergan. 14% Steigung auf teils losem Untergrund mit beladenem Bike sind schon anstrengend... Auf der Strecke läuft mir ein Huemul über den Weg und lässt sich beim Fressen nicht aus der Ruhe bringen. Am Rio Bravo finde ich einen schönen Zeltplatz, nicht ganz windgeschützt aber wieder mit Platz zum Waschen und Wasser nachfüllen. Kurze Zeit später gesellen sich Martina und David dazu. 











Für den nächsten Tag ist am Abend Regen angesagt und wir entscheiden uns zu dritt eine Hütte in Villa O'Higgins zu mieten. Ich komme als erste los und fahre durch den wolkenverhangenen Tag. Zwischendrin kommt die Sonne auch mal raus und ich erfreue mich an den wunderschönen Wäldern und der Landschaft. In Villa O'Higgins suche ich eine Hütte für uns drei und nutze die Gelegenheit zum Wäsche waschen. Mein Sattel ist ziemlich mitgenommen, drückt mir die Dauen das der bis Ushuaia durchhält!
 







Wir kuscheln uns zu dritt in die Hütte ein, machen den Holzofen an, bekochen uns und geniessen das Dach über dem Kopf während draussen der Regen runterprasselt. Und natürlich haben wir uns eine Menge zu erzählen.