Zurück in Europa. Schon in Buenos Aires hatte ich Magenschmerzen und Bauchkrämpfe, leider habe ich mal wieder Durchfall. Mein Flug geht durch die Nacht, Schlaf finde ich kaum. In Rom ist Zwischenstop, dort sitze ich 7 Stunden am Terminal. Wie immer auf langen Flügen bin ich neben der Spur, und plötzlich ist alles anders: so viele Krawattenträger, kann es sein das die Menschen nicht mehr so aufgeschlossen sind, einem nicht mehr in die Augen gucken, lächeln? Ich bin noch nicht angekommen, den Satz "ab 80km/h kommt die Seele nicht mehr mit" kann ich vollauf bestätigen. Jedesmal nach Langstreckenflügen hatte ich das Erlebnis nach einigen Tagen, ein Gefühl wie ein Blitz in meinen Körper wenn ich merkte: jetzt bin ich angekommen. Als hätte meine Seele mich endlich eingeholt. Noch einmal steige ich in den Flieger, 2 Stunden bis Athen.
Mit dem Taxi fahre ich in die Stadt, der Fahrer spricht glücklicherweise Englisch. Zum ersten Mal auf meiner Reise bin ich in einem Land dessen Sprache ich nicht spreche, und dann kann ich noch nichtmal die Schrift lesen... An meinem Appartment angekommen finde ich gleich jemanden der mir hilft den Fahrradkarton die drei Stufen bis zum Aufzug zu tragen. Leider funktioniert der nur bis zum zweiten Stock, mein Zimmer ist aber im dritten... Ein Afrikaner hilft mir in den Aufzug, wir reden französisch, und im dritten Stock wartet schon mein Nachbar um mir zu helfen. Ein schönes Ankommen! Ich laufe noch ein bisschen durch's Viertel, höre neben Griechisch auch viel Arabisch, Albanisch, Türkisch. Little Balkan, wie St. Georg in Hamburg. Nach ein paar Einkäufen falle ich müde ins Bett, schlafe erstmal durch bis nach 9 Uhr morgens, echter Nachholbedarf. Nach dem Frühstück gehe ich los um ein bisschen die Stadt zu erkunden, ganz viel laufen, erstmal ankommen.
Am nächsten Tag mache ich mich auf den Weg zur Akropolis. Zu Fuss laufe ich durch die Stadt, nach der langen Zeit auf der südlichen Seite des Planeten ist der niedrige Sonnenstand ungewohnt. Und die Sonne steht wieder im Süden!
Eigentlich will ich am nächsten Tag ins archäologische Museum, aber ich bin nicht so richtig aufnahmefähig. Ich packe endlich mein Rad aus und baue es wieder zusammen. Leider sind ein paar Teile die aus Plastik sind kaputt gegangen: der Transmitter von meinem Tacho ist abgebrochen und der Schwengel an meiner tollen Klingel hat nicht überlebt. Ich mache mich auf den Weg in einen Fahrradladen der Sigma-Teile hat, leider nicht das passende für mich. Und irgendwie sind die extrem unfreundlich. Im nächsten Fahrradladen steht ein Enthusiast, da fühle ich mich gleich wohl. Er bietet mir an am nächsten Tag mit dem Rad zu kommen damit wir vielleicht was kleben können. Die vordere Bremsscheibe hat auch 'n Ditsch abgekriegt, lässt sich aber gerade biegen. Nachdem ich noch einen uralten Dorn aus dem Reifen gezogen habe (die alten Dinger stecken da wahrscheinlich schon ewig drin und kommen immer mal wieder überraschend raus) und das Loch geflickt habe ist mein Rad auch wieder einsatzfähig. Danke an Hannes für den neuen Sattel!
Mein letzter Tag in Athen ist von Besorgungen dominiert, Lebensmittel einkaufen, eine Papierkarte (ja, ich navigiere auch schön altmodisch noch analog) und Benzin zum Kochen. Der Tacho wird von Alex im Fahrradladen mit Zweikomponentenkleber und Gaffa gefixt, hält erstmal bombig. Und auch die Bremsscheibe justiert er noch nach, mit Spezialwerkzeug geht das besser als mit der Hand.
Und dann ist doch noch Zeit für das Archäologische Museum. Leider ist die Hälfte des Museums abgesperrt wegen Personalmangel. Sehr beeindruckend einen Einblick in die Zeit von 17 bis 13 Jahrtausend BC zu bekommen.
Zurück im Appartment packe ich meine Sachen für den nächsten Tag. Nach vier Wochen Pause sitze ich wieder auf meinem Rad und mache mich auf in Richtung Euböa. Zuerst mal muss ich aus der Stadt raus, leider sind die Autofahrer hier auch nicht sehr respektvoll gegenüber Radfahrern. Und irgendwie vermisse ich die spontanen Gespräche und Stops auf der Strecke, die Griechen sind so ernst. Vielleicht muss ich aber auch erstmal warm werden mit dem Land. Ist ja auch schwierig ins Gespräch zu kommen wenn ich die Sprache nicht spreche...
Es ist verdammt windig, fast so wie in Patagonien... glücklicherweise habe ich Rückenwind. Meine erste Zeltnacht in Griechenland verbringe ich am Meer hinter einem aufgegebenem Hotel. Leider funktioniert mein Kocher nicht, also muss ich improvisieren und die Küche bleibt kalt.
In der Nacht schlafe ich wenig und schlecht, es stürmt und gewittert heftig, der Boden zittert bei jedem Donnerschlag und die schnell aufeinander folgenden Blitze sind taghell. Ein heftiger Rumms ist zu hören, aber bei dem ströhmenden Regen habe ich wenig Lust nachzusehen was das ist. Am nächsten Morgen ist es ruhig, und als ich aufstehe sehe ich den umgestürzten Baum. An dieser Stelle hatte ich auch kurz überlegt mein Zelt aufzustellen!
Weil auf der Strasse viel Verkehr ist entscheide ich mich ein Stück über Wirtschaftswege zu fahren. Nach dem heftigen Regen allerdings eine totale Fehlentscheidung, ich bleibe im Lehm stecken und meine Laufräder blockieren total. Der Lehm ist wie Klebstoff und sammelt Stroh, Ästchen und Kiefernnadeln auf, lässt sich nur mit Stöckern entfernen. Dann drei Meter weiterschieben und wieder den Lehm von den Rädern stochern... Über zwei Stunden brauche ich um mein Rad wieder auf die Strasse zu bekommen, absolut nervenaufreibend und schweisstreibend. Endlich bin ich zurück auf Asphalt und muss erstmal das Rad einigermassen sauber bekommen.
Auf einer kleinen Strasse geht es weiter durch die Berge. Ich bin absolut kaputt, die Steigungen schaffen mich.
Eigentlich wollte ich heute 80km schaffen, aber daran ist überhaupt nicht zu denken. An einer kleinen Kapelle am Fluss mache ich halt und baue mein Zelt auf. Um 18 Uhr wird es dunkel, um 19 Uhr liege ich im Zelt, es ist kalt geworden. Und dann schlafe ich bis zum nächsten Morgen 7 Uhr, das war schwer nötig! Mein nächstes Ziel ist Roviaí, dort habe ich seit langem mal wieder Warmshowers Gastgeber.
Von Iris und Jeroen werde ich mit offenen Armen empfangen, zwei Holländer die hier am Meer ein Grundstück gekauft, ein Haus gebaut haben und Oliven anbauen. Iris spinnt und verstrickt Schafwolle zu Pullis die sie auf Etsy verkauft, Jeroen hilft in der örtlichen Landwirtschaft aus und kümmert sich um die Olivenbäume. Wir haben viel zu reden, ich freue mich über die aufgeschlossene Gastfreundschaft. Mein Zeltplatz hat einen wunderschönen Ausblick.
Und weil's so schön ist bleibe ich noch einen Tag länger.
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